Die Vereinten Nationen haben 2010 zum internationalen Jahr der Artenvielfalt erklärt, denn viele Tier- und Pflanzenarten auf unserem Planeten sind vom Aussterben bedroht. Eines der artenreichsten Ökosysteme überhaupt möchten wir hier vorstellen, den "tropischen Regenwald", denn mit Ausnahme von Korallenriffen gibt es sonst nirgends eine größere Artenvielfalt auf der Welt. Forscher vermuten, dass mindestens über die Hälfte aller auf der Welt lebenden Arten in den tropischen Regenwäldern zuhause sind. Viele Experten meinen sogar es sind bis zu 80%. Genau kann man das aber gar nicht wissen, denn viele der Tierarten sind noch gar nicht bekannt oder erforscht. So vermutet man, dass in den Urwäldern noch zahlreiche Reptilien- und Amphibienarten, aber auch Insekten und Säugetiere heimisch sind, die noch kein Mensch je gesehen hat.
Regenwald bedeutet Eintauchen in ein Paradies aus Formen und Farben, unbeschreiblicher Vielfalt und unglaublichen Einfallsreichtum. Sich bezaubern lassen von Gerüchen, Stimmen und unbekannten Pflanzen. Die Hitze und die Feuchtigkeit auf der Haut spüren...Genial! Sich einzulassen auf eine fremde Welt. Bäume ragen in die Höhe, deren Kronen man in bis zu 90 Metern Höhe über sich sehen kann. Auf manchen Bäumen wachsen üppige Pflanzen, die einen wahnsinnigen Duft ausströmen und überall auf dem Boden wimmelt es von Insekten und anderen kleinen Tierchen. Bunte Frösche klettern auf den Blättern herum, die kleinsten von ihnen passen auf den Daumennagel eines Erwachsenen.
Sagt ja schon der Name, natürlich in den Tropen. Aber wo sind die eigentlich? Mit dem Begriff "Tropen" sind die Gebiete auf der Erde gemeint, welche sich in der Nähe des Äquators befinden. Der Äquator ist eine gedachte Linie, auf unserer Zeichnung rot dargestellt, die um die ganze Erde läuft und zwar genau in der Mitte, dort wo die Erde am dicksten ist. Die mit der fetten grünen Linie bemalten Gebiete sind Regenwald. Fazit: es gibt tropische Urwälder in Mittel- und Südamerika, in Afrika und in Asien.
Was macht denn einen Regenwald überhaupt aus? Woher weiss man, was ein Regenwald ist? Auch in unserem Wald regnet es häufig - aber der Regenwald in den Tropen ist trotzdem ganz anders. Der Regenwald ist ein richtiger Urwald in dem es immer feucht und warm ist. Der Wald bekommt wesentlich mehr Sonne als bei uns, denn die steht am Äquator am steilsten und hat deswegen dort die größte Kraft. Durch diese intensive Sonneneinstrahlung erhalten die Bäume massenhaft Energie, die sie zur Sauerstoffproduktion und zum Wachsen anregt.
Die Gleichmäßigkeit machts - Bei uns in Europa kommt nach dem Sommer ein Winter. In der kalten Jahreszeit wachsen unsere heimischen Pflanzen nicht weiter oder sterben sogar ab. Ganz anders in den tropischen Regenwäldern. Dort sind die Temperaturen immer gleich hoch. Es gibt keine Jahreszeiten, die Pflanzen können das ganze Jahr wachsen.
Doch das ist noch nicht alles. Denn ohne die ausreichende Feuchtigkeit - und die gibt es im Regenwald - geht gar nichts. Pro Jahr fallen im Dschungel im Durchschnitt bis zu 6000 Liter Regen pro Quadratmeter Boden. Um es sich besser vorstellen zu können: Ein Quadratmeter ist ungefähr so groß wie Dein halbes Bett. Auf dieser Hälfte steht ein durchsichtiges, 6 Meter hohes Gefäß, welches randvoll mit Wasser gefüllt ist. Übrigens, bei uns regnets nur 760 Liter auf den Quadratmeter im Jahr.
"Treffen wir uns vor dem Regen oder nach dem Regen?" - Es ist wirklich war, die Menschen in den Tropenwäldern könnten sich statt nach der Uhrzeit nach dem täglichen Regenguss verabreden. Jeden Nachmittag regnet es im Dschungel- und zwar ordentlich. Grund ist die große Hitze am Äquator. Sie erwärmt schon am Morgen die Luft, die deswegen in die Höhe steigt und einen starken Sog über dem Regenwald erzeugt. So wie die Cola nach oben steigt, wenn Du an deinem Strohhalm ziehst, so wird neue, feuchte Meeresluft angesaugt, die die aufsteigende Landluft ersetzt. Am Nachmittag ist dann so viel Feuchtigkeit in der Luft, dass es zu Regnen beginnt. Aber nur ein kleiner Teil dieser Wolkenbrüche stammt aus dem Meer, denn die Regenwälder haben sozusagen das "Wasserrecycling" erfunden. Durch die starke Sonneneinstrahlung müssen viele Pflanzen "schwitzen". Das bedeutet, dass sie Wasser über ihre Blätter verdunsten, um sich zu kühlen - ganz schön raffiniert, oder? Dadurch entsteht viel Nebel, der dann wieder als Regen zum Dschungel zurückkehrt.
Was ist denn das für eine Überschrift? Aber genau so könnte man die Lebensräume im Regenwald beschreiben, denn die kann man sozusagen in verschiedene Stockwerke einteilen.
Die Aussichtsplattform:
Ganz oben ragen die Kronen der einzelnen alten Baumriesen in schwindelerregenden 60 - 90 Metern über allen anderen Pflanzen in die Höhe. So hoch wie ein Haus mit 20 Stockwerken. Hier brennt die Äquatorsonne sehr heiss.
Das Dachgeschoss:
Nur wenig darunter bildet das Kronendach der anderen Urwaldbäume einen großen grünen Schirm. Jetzt sind wir in etwa in der 15. Etage
eines Hochhauses, nämlich in 20 - 50 Metern Höhe. Hier ist es nicht so heiss wie ganz oben, denn das Blätterdach schützt vor der sengenden Hitze. Aber dicht unter der Baumkrone ist es trotzdem schön
hell. Deshalb leben hier auch die meisten Tiere - gut geschützt vor großen Raubtieren.
Im mittleren Stock:
Wir sind zwar noch sehr hoch - bei 10-20 Metern wird einem schon noch schwindelig- aber es ist es schon viel schattiger, denn unser
Baumkronenschirm fängt das meiste Licht ab. Hier stehen kleinere Bäume. Und junge Urwaldriesen, die noch zu mächtigen Bäumen heranwachsen wollen.
Das Erdgeschoss:
Leben im Dämmerlicht. So könnte man das unterste Stockwerk beschreiben.
Am Urwaldboden kommt nämlich nur noch ein Prozent des Sonnenlichtes an - nicht wirklich viel. Hier wachsen nur Pflanzen, die mit wenig Licht auskommen wie z.B. die Farne. Der ganze Boden ist mit angestorbenen Blättern bedeckt und darin wimmelt es von Insekten, Spinnen, Pilzen und anderen Kleintieren. Große Tiere wie z.B. Jaguar oder den Flachlandtapir aus Südamerika sieht man nur selten.
Was soll denn das nun wieder? Wie soll so etwas denn gehen - eigentlich unmöglich. Aber es funktioniert. Der Boden im Regenwald ist sehr arm an Nährstoffen. In unserem Wald werden totes Laub oder verendete Tiere relativ langsam zersetzt und im Winter steht dieser Prozess sogar ganz still. So kann sich bei uns eine schöne dicke Humusschicht mit vielen Nährstoffen bilden. Das geht im Regenwald nicht, denn dort ist es tropisch warm und feucht. Abgestorbenes Material zersetzt sich deshalb sehr schnell. Und weil es in den Tropen keinen Winter gibt, geht das rund ums Jahr so weiter. Deshalb ist die Humusschicht dort auch nur ganz dünn. Und trotzdem gibt es so viele verschiedene Pflanzen- und Tierarten. Naja - eigentlich genau deswegen, denn wenn es nicht sehr viele Nährstoffe gibt, kann keine einzelne Art sich zu stark ausbreiten und andere verdrängen. Jedes Lebewesen sucht sich eine andere Möglichkeit zu überleben und so kommt es zu diesem wahnsinnigen Artenreichtum.